Die etwas andere Sicht einer Informatikerin

Die etwas andere Sicht einer Informatikerin

Wie man unschwer an meiner Themenwahl erkennen kann, bin ich Informatikerin. Du wunderst dich vielleicht, was dieser Artikel soll, jedoch gibt es einige Hürden, die eine Informatikerin nehmen muss.

Ich habe diesen Text im Jahr 2014 verfasst, als ich mitten drin in meiner Informatikerausbildung steckte. Dennoch hat meine Geschichte einen wahren Kern. Doch etwas hat sich geändert, die Leute sehen mich allmählich als Techniker, nicht mehr als Sekretärin, aber das war harte Arbeit, das kann ich dir versichern. 

Egal ob du Informatiker oder Informatikerin, Coiffeur oder Bäcker bist, dieser Artikel stimmt für ziemlich viele Berufe und soll den Leuten da draussen die Augen öffnen.


Morgens um viertelnach sechs Uhr klingelt mein Wecker. Ich stehe auf, begebe mich ins Bad und mache mich ein wenig zurecht. Viel ist dabei nicht nötig, auch das Outfit muss nicht gross auffallen. Warum mein morgendlicher Ablauf so vonstattengeht? Ganz einfach! Der Konkurrenzkampf zwischen den Frauen in der Informatikbranche ist relativ gering bis überhaupt nicht vorhanden.

Im Geschäft angekommen benötige ich nach dem ersten „Guten Morgen zusammen“ zuerst mal ein Blick in den Spiegel. Das Lächeln meines Spiegelbildes spricht mir Mut zu, um den täglichen Kampf mit Stolz entgegenzunehmen. Ein Blick auf die Uhr verrät mir dann, dass es Zeit wird, sich vor den Telefonhörer zu setzen. Denn da beginnt schon die erste Hürde, die eine Frau zu meistern hat. „Guten Tag, Frau Meili am Telefon. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“ – oft hört man dann Sätze wie: „Könnten Sie mich bitte mit einem Techniker verbinden!?“. Einmal tief einatmen und höflich darauf hinweisen, dass auch ich dem hilfesuchenden Interessenten behilflich sein kann. Wenn ich dann beweisen konnte, dass ich guten Support leiste, habe ich den Kunden in meinen Bann gezogen und er wird mich sicherlich nicht noch einmal als Nicht-Techniker bezeichnen.

Doch nicht nur der Kundschaft muss man sein Können beweisen. Auch stellt mich das Arbeitsteam vor die schwere Aufgabe, mich auch als Frau durchsetzen zu können. Viele Themen interessieren mich als Techniker genauso, doch dann gibt es wiederum Themen, von denen ich lieber nichts mitbekommen hätte. Ein Mann unter zig Frauen wird oft fast schon übersehen, genauso ist die Situation umgekehrt. Zweideutige Anspielungen gehören dazu und sie sind so selbstverständlich wie das Atmen, zumindest in meiner gewohnten Informatikumgebung. Sicherlich, manchmal hat es auch einen witzigen Hintergrund, doch es gibt auch solche Anspielungen, die definitiv zu weit gehen und für mich schlicht und einfach zu primitiv sind. Aber, lieber Leser, ein Beispiel will ich dir jetzt ersparen, denn dann kannst du deine eigenen Erfahrungen sammeln.

Hingegen Gespräche über Autos und Technik, das ist doch der normale Umgang den Männer pflegen, dachte ich zumindest. Klar, das Thema Auto interessiert mich nicht gross, auch muss ich es oft von meinem Freund anhören. „Hast du gesehen, was für geile Felgen der hat?“. Ich nehme es mit einem Schmunzeln entgegen, viel kann ich zu diesem Thema nicht erläutern. Durchaus gibt es auch Gesprächsstoffe, die beide Geschlechter interessieren.

Beispielsweise ein Thema aus der Weltgeschichte, was aktuell in den Medien präsentiert wird. Lieber sollte man darüber kommunizieren weder zweideutige Anspielungen im Raum zu verbreiten.

Wie dem auch sei, so hat jedes Geschlecht seine Vorlieben. Anfangs dachte ich, ich sei die einzige, die mit diesen Problemchen zu kämpfen hat. Dann habe ich zwei Informatikerinnen kennengelernt, und weisst du was, lieber Leser? Ich stehe mit meinem Problem nicht alleine da. Doch, um das zu verinnerlichen habe ich mein Vater auf dieses Thema angesprochen, einfach weil er ein ehrlicher und gebildeter Mensch ist. Er stellte mir eine Frage, die mich im ersten Moment verwunderte „Was haltest du denn von einem männlichen Friseur?“ so lautete die Frage, simpel und einfach. Und ich, ohne gross nachzudenken und mit der grössten Selbstverständlichkeit: „Der ist schwul!“. Genau das ist es, das ist der Punkt! Es gibt so viele Frauen, die sich in einem Männerberuf behaupten müssen. Alle haben einen schweren Stand und es braucht viel Geduld und Zeit, sich einen Namen zu machen, im positiven Sinne versteht sich. Auch oftmals braucht es einfach ein Lächeln und einmal leer Schlucken – Augen zu und durch! Aber wie sieht es denn jetzt mit den Herren aus, die in die Damenwelt eintauchen? Genau gleich, auch diese müssen die Hürden meistern, um sich gegen Konkurrenten zu beweisen. Lieber Leser, siehst du worauf ich hinaus will? Alle müssen sich behaupten, und es braucht einfach seine Zeit um zu verstehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine dasteht. Und darum, geehrter Leser, schaue ich jeden Morgen in das lächelnde Gesicht der Frau, die trotz täglichen Kämpfen strahlen kann – mein Spiegelbild! Denn ich weiss, alle Hürden können gemeistert werden, und mit diesem Gedanken kehre ich zurück an meine Arbeit, die ich genauso einwandfrei verrichte, wie meine Technikerkollegen.


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Kommentare: 1
  • #1

    Mimi (Dienstag, 17 Mai 2016 08:34)

    Ich bin ganz dinere Meinig. Genau s gliche Problem isch s Vorurteil, dass Fraue dihei id Chuchi bzw. zu de Chind ghöred und inere Gschäftsleitig nüd zsueche hend.
    Wenn en Frau Karriere mache will, wird sie schomal als schlechti Muetter verurteilt oder wird scho gar ned befördert, will sie ja no schwanger werde chönt.
    Mer sött sich würklich mal chli Gedanke über Glichberechtigung mache!